Das Wachstum und die Widerstandsfähigkeit des Waldes hängen von zahlreichen Standortfaktoren ab. Klima, Bodenbeschaffenheit und biotische Einflüsse wie Wildverbiss bestimmen, welche Baumarten gedeihen und wie sich der Wald entwickelt. Im Goms sind die Bedingungen herausfordernd: kurze Sommer, lange Schneeperioden und nährstoffarme Böden setzen den Bäumen Grenzen. Doch gerade diese Faktoren prägen den einzigartigen Charakter des Gebirgswaldes und machen ihn zu einem robusten, aber empfindlichen Ökosystem, das sorgfältige Pflege und vorausschauendes Management erfordert.

Klima

Der Gommer Wald wächst unter rauen klimatischen Bedingungen – einer mittleren Jahrestemperatur von 4 °C und einer Vegetationsperiode von rund 160 Tagen. Nur bei ausreichender Sonneneinstrahlung und Wärme können die Bäume Knospen, Nadeln, Zweige und Wurzeln bilden. Auch im Sommer bleibt das Risiko von Frostschäden bestehen.

Lange Schneedecken, besonders in Muldenlagen, fördern Pilzbefall an Nadeln und schwächen junge Bäume. Hohe Schneelasten können zudem Zweige abbrechen oder dünne Stämme verformen. Bei der Schneeschmelze beginnen die Triebe mit der Photosynthese, doch die noch gefrorenen Wurzeln können kein Wasser aufnehmen – ein Zustand, der zur sogenannten Frost-Trocknis führen kann.

Boden

Die Böden im Goms sind geprägt durch das Altkristallin des Gotthardmassivs sowie den Aaregranit. Lockergesteinsauflagen wie Moränen oder Gehängeschutt variieren in ihrer Mächtigkeit und beeinflussen die Wasserspeicherung. Je nach Höhenlage und Hangneigung kommen Podsole, Braunpodsole oder Ranker vor.

Allgemein sind die Böden sauer bis stark sauer, mit geringem bis mässigem Speichervermögen für Wasser und Nährstoffe. Gleichzeitig weisen sie eine hohe Wasserdurchlässigkeit auf. Diese Faktoren erschweren die natürliche Verjüngung des Waldes und erfordern gezielte Pflegemaßnahmen, um eine stabile Waldstruktur zu sichern.

Biotische Faktoren

Der Gommer Wald ist nicht nur von klimatischen und geologischen Bedingungen abhängig, sondern auch von der Tier- und Pflanzenwelt. Besonders der Wildverbiss stellt eine Herausforderung dar: Junge Triebe sind eine begehrte Nahrungsquelle für Reh- und Rotwild . Wiederholter Verbiss kann dazu führen, dass Bäume verkrüppeln oder absterben, wodurch die Schutzfunktion des Waldes gefährdet wird. Besonders betroffen sind tiefergelegene Südhänge, welche oft entscheidend für den Schutz der Dörfer sind.

Auch dichte Bodenvegetation – insbesondere Gräser – kann das Wachstum von Jungbäumen behindern. Samen gelangen oft nicht bis zum Boden, und Keimlinge haben unter dem Pflanzenteppich zu wenig Licht. Ein angepasster Wildbestand und vorausschauendes Ökosystemmanagement sind daher essenziell für die langfristige Stabilität des Schutzwaldes.

Geschichte

Früher wurde der Wald intensiv genutzt – als Holzlieferant, Weidefläche und Quelle für Streu. Bis ins 19. Jahrhundert war Holz die wichtigste Energiequelle, was zu massiven Kahlschlägen führte. Die Folgen waren katastrophal: Hochwasser, Murgänge und instabile Hänge bedrohten Mensch und Infrastruktur. Erst als der Zusammenhang zwischen den Eingriffen des Menschen und diesen Ereignissen erkannt wurde, setzte ein Umdenken ein und der Wald erhielt seine Schutzfunktion zurück.

Die Spuren der Übernutzung sind noch heute sichtbar. Verdichtete Böden, schlechte Holzqualität und instabile Bestände prägen viele Gebiete. Ohne gezielte Pflege bleibt die Verjüngung aus – ein Problem, denn im Gebirgswald dauert es rund 50 bis 80 Jahre, bis junge Bäume die Schutzfunktion voll übernehmen können. Jeder Waldstandort ist somit stark von seiner eigenen Geschichte beeinflusst.

Klimawandel

Steigende Durchschnittstemperaturen, extreme Wetterereignisse und veränderte Niederschlagsmuster beeinflussen das Wachstum des Waldes. Während längere Vegetationsperioden zunächst vorteilhaft erscheinen, bergen Trockenphasen, Starkniederschläge und anhaltende Wintereinwirkungen neue Risiken. Besonders problematisch ist eine Verschiebung der Niederschläge aus der Vegetationsperiode in die Wintermonate, da dies die Wasserversorgung der Bäume beeinträchtigen kann.

Die Waldbewirtschaftung muss auf diese Veränderungen langfristig reagieren. Da eine Lärche über 400 Jahre alt werden kann, sind heutige Entscheidungen entscheidend für den Wald der Zukunft. Eine nachhaltige Bewirtschaftung ist ein Versprechen an zukünftige Generationen.

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Klimawandel und Borkenkäfer

Unsere Forstwartlernende Camille Arnet Forstingenieurin FH hat mit ihrem Film zum Thema „Klimawandel und Borkenkäfer“ den 1. Preis in der Kategorie Forstwartlernende beim Wettbewerb „Den Klimawandel sichtbar machen“ der Codoc gewonnen. Was die zunehmend warmen und trockenen Sommer für den Schutzwald im Goms, sowie für die Forstarbeit bedeuten, bringt sie euch im Video näher.

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